Realschüler bilden eine eigene Bewirtungsfirma (Hmb.Abendblatt)

Mit 15 Jahren schon Catering-Profi

Quelle: Thomas Sulzyc vom Hamburger Abendblatt

Vom Einkauf bis zum Servieren: 26 Jungen und Mädchen organisieren die Versorgung beim Empfang zur 40-Jahr-Feier ihrer Schule.

Foto: Thomas Sulzyc

Ann Christin Quast und Carolin Carls

 Ann Christin Quast und Carolin Carls

„Ist das so lecker?“, will Julia Rauschendorf (16) wissen. Es geht darum, wie dick der Frischkäse auf den Pumpernickel-Häppchen sein darf. Nicht Hermann Hesse oder Matheformeln sind für die Realschülerin an diesem Freitagvormittag wichtig – sondern ein perfektes Büffet zu zaubern. Julia ist „Angestellte“ der Schülerfirma an der Realschule Vierkarten in Neu Wulmstorf. Die 26 Mitarbeiter, 14 bis 16 Jahre alt, sind vom Unterricht befreit, sozusagen in Sondermission: Die Schülerunternehmer übernehmen die Bewirtung beim Festakt zum 40-jährigen Bestehen ihrer Schule.

Freitag, kurz nach 10 Uhr: In knapp zwei Stunden werden die 70 Ehrengäste der Schule eintreffen. In der Schulküche duftet es nach gebackenem Kuchen. Berge von Eisbergsalat, Käsescheiben, geschnittenen Radieschen und Tomaten und sonst so alles, was auf leckere Canapés und Bruschettas gehört, haben die Schülerunternehmer seit 8 Uhr morgens vorbereitet.

Das Auge isst mit: Wie die Profis drapieren die Jungen und Mädchen die Häppchen. Das ist eine Kunst für sich: „Wenn man rechteckige Tabletts hat, legt man gerade Reihen“, erklärt Jessica Piep (29), wie die Schnittchen exakt zu liegen haben. Die Lehrerin für Deutsch und Biologie ist seit Februar die Geschäftsführerin der Schülerfirma „Vierkaten Catering und Event Service“, dem jungen Spezialisten für Veranstaltungsgastronomie. Die Chefin ist vom Fach, hat vor der Lehramtslaufbahn Hotelfachfrau im Interconti in Hamburg gelernt. Als der Uhrzeiger auf 12 Uhr vorrückt, streifen neun Angestellte ihre Küchenschürzen ab und verschwinden auf der Toilette: Das Kellnerteam zieht sich um. Weißes Hemd oder weiße Bluse, schwarze Hose. Warum auf dem „Örtchen“? „Das ist der einzige Raum mit Spiegel“, sagt Sarah-Janine Frisk (15).

Die heiße Phase hat schon einen Tag zuvor begonnen: „Mis-en-place“ nennen Gastronomen diesen Arbeitsschritt: Vorbereitung im Hintergrund. Während ihre Mitschüler Hitzefrei haben, polieren die Schülerunternehmer mehr als 220 Gläser, gestalten Plakate oder gehen einkaufen.

In ihrer eigenen Firma lernen die Schüler die Praxis der Marktwirtschaft kennen. Wie in einem echten Unternehmen gibt es Abteilungen für Einkauf, Produktion, Marketing und Buchhaltung.

Von den Unternehmensgewinn hat die ganze Schule etwas: „Die Abschlussfeiern der zehnten Klassen werden damit finanziert“, sagt Torben Fuß (15) aus der Abteilung Einkauf.

Alle Angestellten sind Freiwillige. In der Regel kommen sie jeden Donnerstag in der siebten und achten Schulstunde zusammen. Wer in der Schülerfirma arbeitet, bekommt das ins Abschlusszeugnis geschrieben. Ein Vermerk, der bei der Bewerbung für eine Lehrstelle so viel Wert sein kann wie eine gute Mathenote. „Ich lerne hier, wie man kalkuliert und mit Geld richtig umgeht“, sagt Sahra Hübner (15).

Gegen zwei Uhr ist die „Schlacht“ am Büffet beendet. Die letzten Schülerunternehmer verlassen gegen 17 Uhr die Schule – nach dem großen Abwasch. Die Überstunden der vergangenen zwei Tage dürfen sie abbummeln – dann werden einige Donnerstagstreffen ausfallen.

Wie viel Gewinn die Firma mit dem Auftrag zur 40-Jahr -Feier machen wird, ist noch offen: Den „Lohn“ handeln die Abteilungsleiter erst demnächst mit ihrem Auftraggeber, Schulleiterin Heiderose Wilken, aus. Das wird ein symbolischer Betrag sein: Für die Vermarktung eines Theaterabends ihrer Schule nahm die Schülerfirma 20 Euro ein. Geschäftsführerin Jessica Piep hat eine ehrgeizige Vision: Die Schülerfirma soll später auch mal Fremdaufträge annehmen: „Wir könnten zum Beispiel die Weihnachtsfeiern von Vereinen in der Realschule organisieren und die Bewirtung übernehmen.“